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Rassebeschreibung

Das Schleswiger Kaltblutpferd

Das Schleswiger Kaltblut ein leistungsfähiges, futterdankbares, rundrippiges Kaltblutpferd mittleren Kalibers mit rumgreifenden Schritt- und Trabbewegungen, speziell geeignet für Freizeitfahren und schwere Zugarbeiten.

 

Sein züchterischer Ursprung liegt im Norden von Schleswig-Holstein im Kreis Schleswig und im südlichen Dänemark. Schon immer liegt die Zucht überwiegend in bäuerlicher Hand. Der "Verein Schleswiger Pferdezüchter e. V." (VSP) arbeitet mit Erfolg für den Erhalt der Rasse, die Zahl der Stuten und Hengste in der Zucht konnte sich deshalb zuletzt wieder erhöhen. Dennoch gilt der Schleswiger als eine stark vom Aussterben bedrohte Rasse (BLE 2024), deren genetisches Fundament nicht weiter zusammenschmelzen darf.


Das Exterieur: Schleswiger sind in der Mehrzahl Füchse mit Abzeichen, seidigem Langhaar und mäßigem Behang. Schimmel, Rappen und Braune kommen vor, Schecken nicht. Die Größe liegt bei etwa 154 bis 165 cm, Röhrbein 24 bis 28 cm, Bauchumfang etwa 200cm, Gewicht um die 800 kg. Sie haben einen harmonischen Körperbau mit stabilem Fundament, eine stark bemuskelte, leicht abfallende geteilte Hinterhand, kräftig ausgebildete trockene Gelenke, ein mittelstarkes Röhrbein und runde gesunde Hufe mit starker Hornwand. Runde, breit angesetzte Rippen ergeben einen Rumpf mit deutlicher Tiefe. Die Brust ist breit und gut bemuskelt, der Widerrist ist rund. Der Hals ist schräg angesetzt, gut bemuskelt und von mittlerer Länge mit leicht gerundeter Oberlinie, er trägt eine doppelte üppige Mähne. Ein nicht zu langer, kräftiger Kopf mit breiter Stirn und freundlichem lebhaftem Auge ist erwünscht. Eine leichte Ramsnase kommt vor.

 

Der Schleswiger hat einen fleißigen raumgreifenden Schritt mit Zugkraft und Wendigkeit. Seine Trabaktion ist taktklar und energisch mit gutem Schub aus der Hinterhand.


Das Interieur: Der Schleswiger hat ein ausgeglichenes umgängliches Wesen. Er ist neugierig und lernfähig, geduldig und arbeitswillig, dabei ausdauernd und allgemein unerschrocken. Die Stuten sind fruchtbar, leichtgebärend und sehr mütterlich, die Fohlen sind schnellwüchsig. Der Schleswiger ist leichtfuttrig, robust und gesund und an das nördliche Klima angepasst. Bei guter Haltung kann er über 20 Jahre leistungsfähig sein.


Die Verwendung des Schleswigers ergibt sich aus seinen Eigenschaften. Sein Einsatz erfolgt heute vorwiegend als Reit- und Wagenpferd. Daneben gibt es Betriebe in der Landwirtschaft, die seine Gelehrigkeit und Wendigkeit brauchen, wenn es um Pflegearbeiten im Gemüsebau und in der Baumschule geht oder um das Holzrücken in schwierigen, engen Waldbeständen. Schleswiger werden auch als geduldige, verlässliche Therapiepferde eingesetzt. Die meisten Schleswiger werden heute von pferdebegeisterten Menschen gehalten, die ihre Freizeit mit den liebenswerten großen Pferden verbringen, Wettbewerbe veranstalten und gemeinsame Ausfahrten organisieren.


Die Zucht des Schleswigers begann um 1860, als der Kaltbluthengst „Oppenheim“ mit Stuten des alten jütischen Landschlages verpaart wurde, die vor etwa 2000 Jahren schon von römischen Geschichtsschreibern erwähnt wurden. Es bildete sich ein schwerer aber beweglicher Rassetyp heraus, der den Wünschen der aufblühenden Landwirtschaft, der Industrie und des Verkehrs entsprach. Zur Vereinheitlichung der Zucht wurde 1891 der "Verband Schleswiger Pferdezuchtvereine-VSP" gegründet. Das Kerngebiet der Zucht lag in der Provinz Schleswig und im heutigen südlichen Dänemark. Mit etwa 23.000 Tieren hatte die Zucht in den 1950er Jahren ihren Höhepunkt erreicht. 

 

Schon 20 Jahre später brach der Bestand der Schleswiger durch die rasante Motorisierung auf unter 50 Stuten und 7 Hengste in der Hand von nur wenigen Züchtern zusammen. Es wurden in dieser Zeit zur Blutauffrischung Hengste der Rassen Boulonnais und Bretone mit eingesetzt und den Züchtern gelang es mit Beharrlichkeit und Weitsicht, die wenigen Stuten zu erhalten. Mit dem Kauf des jütischen Hengstes "Odin" aus Dänemark 1976 begegneten sie der akuten Bedrohung der Rasse durch Inzucht. Odin zeugte 11 gekörte Söhne, 4 von ihnen begründeten noch heute erfolgreiche Hengstlinien. Später kamen weitere Hengste der Rassen Boulonnais, Jüten und Süddeutsches Kaltblut hinzu, die die genetische Verengung der Zucht überwanden, ohne den Typ des Schleswiger Kaltblutpferdes in Kaliber, Charakter und Eigenschaften zu stark zu verändern. Heute (2025) ist der Bestand der Rasse wieder auf etwa 200 Stuten und 16 Hengste angewachsen. 

 

Jochen Bettaque 2024